Große Ereignisse verdichten sich bisweilen an einem Ort, zu
einem bestimmten Zeitpunkt, in einer Person. Auf der Suche, wo, wann und durch
wen es zu einer Wende in den deutsch-französischen Beziehungen kam, wird man in
Offenburg im Sommer 1945 fündig. Dort nimmt ein französischer Militärseelsorger
seine Arbeit auf. Jean du Rivau, der in der Résistance gekämpft hat, begreift
schnell, dass er einen weitaus größeren Auftrag hat als sich um die Soldaten
seines Heimatlandes zu kümmern. Er erfasst auch, dass die materielle und seelische
Not der Deutschen nach der katastrophalen Niederlage außerordentlich groß ist.
Aus dem Engagement des Praktikers wird eine Bewegung, die in
Offenburg ihr Zentrum hat. Du Rivau gründet Zeitschriften, organisiert
Kongresse, bringt Menschen zusammen, die die Kunde von der Versöhnung der
beiden Völker verbreiten. Eine direkte Folge davon ist das deutsch-französische
Jugendwerk. Parallel dazu entwickelt sich Offenburg als Eingangspforte und
Drehscheibe der Französischen Zone zu einem Ort, in dem die Annäherung von
Deutschen und Franzosen exemplarisch stattfindet. Es ist kein Zufall, dass der
Weg des Medienkonzerns Burda hier seinen Anfang nimmt, genauso wie der
märchenhafte Aufstieg der Aenne Burda mit ihrer Modezeitschrift.
Du Rivau findet in Offenburg Nachfolger, Oberbürgermeister Karl
Heitz mit der Partnerstadt Lons-le-Saunier, den Europapolitiker Hans Furler und
vor allem Wolfgang Schäuble, der Offenburg seit 50 Jahren im Deutschen
Bundestag vertritt. Jochen Thies zeichnet in seinem Buch einen
Versöhnungsprozess nach, der zu einer bemerkenswerten Freundschaft führt. Fast
von selbst entsteht dabei eine ungewöhnlich fesselnde Erzählung über Offenburg
und die Ortenau.
Jochen Thies, Dr. phil., Jg. 1944, studierte Romanistik,
Geschichte und Politische Wissenschaft in Freiburg. Er begann seine berufliche
Laufbahn in Baden, das für ihn zu einer zweiten Heimat wurde. Thies war
Redenschreiber von Bundeskanzler Helmut Schmidt und viele Jahre lang in
leitenden Positionen im deutschen Journalismus tätig. Er lebt mit seiner aus
Gengenbach stammenden Frau in Berlin.
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