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Viktor Nono


Die Vogelwelt


oder Basils Bales Reise durch das Land der Vögel
 


ISBN 978-3-88571-399-9

198 Seiten
Euro 16,90

 

 

 

Emil Ruff, einstmals gefeierter Bestsellerautor, schreibt schon seit Längerem erfolglos gegen das Verblassen seines Ruhmes an, als eine nicht zufällige Begegnung in einer Hotelbar ihm unverhofft eine neue Chance verspricht. Er macht die Bekanntschaft von Basil Bale, einem Psychoanalytiker mit einem ungewöhnlichen Spezialgebiet, der in aufgesucht hat, um ihn als Autor für seine Biografie zu engagieren. Zunächst skeptisch, aber doch neugierig und angesichts seiner Lage auch ohne große Wahl, folgt Ruff der Einladung dieses älteren Herrn. Er taucht ein in eine Welt, in der Vögel jeden Charakters die Hauptrolle spielen.


Bales Lebensbericht nimmt ihn mit auf eine abenteuerliche Reise durch ein Königreich, dessen verschiedenartige Bewohner sich durch seltsamste Eigenheiten auszeichnen – und dabei geradezu menschlich wirken. Es gilt, einen Mord aufzuklären, Verschwörern das Handwerk zu legen und die einzige Tochter des Königs von einem rätselhaften Seelentrauma zu heilen. Und am Ende wartet eine große Liebe.

   

„Die Vogelwelt“ ist ein Fantasy-Thriller, der mit einem Feuerwerk an originellen Ideen überrascht und mit einer guten Portion satirischen Humors ein wahrhaftes Lesevergnügen bereitet.

 

 

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Leseprobe: Die Vogelwelt oder Basil Bales Reise durch das Land der Vögel, S. 69–78

 

     Es war ein lauer Sommerabend, als sie nach einem leichten Mahl, das sie in einem kleinen, stillen Restaurant, nur begleitet von einem wachsamen Rotmilan und einem aufmerksamen, aber nicht weiter störenden Sperber, eingenommen hatten, über die Promenade der Vogelhauptstadt schlenderten. Die Sonne ging über dem Meer unter, eine zarte, nach Wasser und Ruhe schmeckende Brise kühlte sie. Marcia plusterte ihre Federn leicht auf.

     Warum sie seine Einladung angenommen hatte, wollte Basil wissen. Er hatte nicht gewagt, ihre Flügelspitze, die sie wäh-rend des Desserts neben seine Hand gelegt hatte, zu berühren.

     Weil Regeln dazu da seien, gebrochen zu werden. Und weil er gesagt habe, Gefühle kennen keinen Raum und keine Zeit und keine Regeln. Und deshalb habe sie gar nichts brechen können, da ja Gefühle keine Regeln kennen. Seine Frage sei Unsinn.

     Basil, Analytiker und auf alles Menschliche und Vogelhafte vorbereitet, zumindest hatte er dies gedacht, war sprachlos und musste der inneren Logik ihrer Rede Beifall zollen. Sie hatte recht. Da es zu den unausgesprochenen vogelhaft-menschli-chen Konventionen Frischverliebter, die sich ihrer gegenseiti-gen Liebe noch nicht versichert hatten, gehörte, Verwirrung zu zeigen, deutete Basil auf das Meer, über dem dunkel stolze Albatrosse schwebten.

     Schön, meinte sie. Glücklich sei sie, im Reich der Vögel zu leben.

     Wenn nur die Terroranschläge, die sich häuften, nicht wären, wandte Basil ein.

     Das wäre wirklich ein Problem, antwortete sie. Eine Grenze sei überschritten worden, zurück ginge es nicht mehr, der Point of no Return sei überschritten. Man könne die Ver-menschlichung nur noch verlangsamen, aufzuhalten sei sie nicht mehr. Früher seien die Vögel frei, Herren der Lüfte gewesen, erläuterte sie Basil, heute, seit einigen Jahren, seien sie freiwillig zu Sklaven eines Währungssystems geworden, das man eingeführt habe, um das Tauschen überflüssig zu machen.

     Während des Gesprächs hatte Marcia Basils Hand mit ihren Flügelspitzen berührt. Basil, der das wohl bemerkt hatte, hatte gezögert, ihre Berührung zu erwidern. Marcia ließ sich durch seine Passivität nicht beirren und ergriff nur wenige Augen-blicke später seine Hand.

     Basil erwiderte die Geste.

     Ob er mit ihr noch ein Lokal aufsuche, um ihretwillen und um ihm die voranschreitende Vermenschlichung zu demons-trieren?

     Basil willigte nur zu gerne ein.

     Das Café war zwar gut besucht, doch für die Königstochter wurde umgehend ein Tisch frei gemacht. Kaum hatten Marcia und Basil Platz genommen, legte Basil seine Hand auf Marcias Flügelspitze.

     „Du wirst …“

     Basil horchte auf, sie hatte ihn zum ersten Mal geduzt, das Blut rauschte in seinen Ohren, einen Augenblick später, als sie ihren Flügel zurückzog, in den Wangen. Er errötete.

     „Der Finanzminister naht.“

     Basil wandte sich um und sah einen strahlend gelben, dicken Vogel winkend und zirpend auf sie zustürzen. Im Schlepptau hatte er eine feine, sich gediegen bewegende Ka-nariendame.

     „Gestatten?“, fragte er. Im Verbeugen streckte er einen Flügel grüßend aus. „Franz Glimmer, meines Zeichens Finanz-minister.“

     „Wir sprachen von Ihnen“, antwortete die Prinzessin, „und von Ihrer Frau.“

     Basil hatte sich von seinem Stuhl erhoben. Er reichte der Kanariendame die Hand, verbeugte sich und deutete einen Kuss auf ihre Flügelspitze an.

     „Ah, ein Mensch alten Schlages“, schnaufte der Minister. „Sieht man nur noch selten. Und von mir wurde geredet?  Das“, er verzog den Schnabel zu einem unschönen Grinsen, „wundert mich nicht. Immerhin bin ich der jüngste Finanz-minister der Geschichte der Vogelwelt. Hatte ich das schon erwähnt?“

     Die Prinzessin winkte ab. „Mehrmals.“

     „Auch dass ich der bestbezahlte Finanzminister bin? Und wie ich, ein junger Vogel, frisch von der Uni, ohne jegliche Be-rufserfahrung, politisch unbedarft, mit dem Regierungspräsi-denten verhandelte?“

     Die feine Kanariendame legte einen Flügel auf die Schulter ihres Mannes. „Wir hören die Geschichte gerne, auch mehr-mals. Du erzählst sie unterhaltsam und anregend. Aber ich denke, dass die junge Prinzessin heute anderes zu tun hat, als deinen Erinnerungen zu lauschen.“

     „Gut“, antwortete Franz Glimmer, „dann mache ich es kurz, vielleicht die interessante Episode, in der ich, einer der besten Schauspieler des Landes, mit dem Stück, das wir probten, nicht zufrieden war. Der Text passte einfach nicht. Molière, müssen Sie wissen, ‚Tartuffe‘ oder ‚Der eingebildete Kranke‘, ich kann mich nicht mehr recht besinnen, obwohl, auswendig beherr-sche ich beide noch, weil, einmal gelernt, vergesse ich nichts. Also: Der Text wollte nicht recht passen, was einerseits an der Übersetzung lag, aber natürlich auch an Molières Schwäche, pointiert zu erzählen, sodass ich mich entschloss, nicht nur den Text neu zu übersetzen, sondern auch die Geschichte litera-risch zu verbessern und die Handlung der Zeit anzupassen. Also, förmlich aus einem Stück Kohle einen Diamanten zu schleifen.“

     Basil fühlte sich genötigt, einige Worte der Anerkennung zu verlieren, die umgehend von der Prinzessin mit einem leichten Tritt gegen sein Schienbein und von Franz Glimmer mit der Fortsetzung der Geschichte quittiert wurde.

     „Die Übersetzung war so umwerfend, nicht wahr, meine Liebe“ – die feine Kanariendame nickte lächelnd – „dass ich mehrere Aufträge erhielt, Molière in andere Sprachen zu übertragen.“

     „Und das waren nicht nur Vogelsprachen, mein Lieber“, lächelte ihn die feine Kanariendame an.

     „Sicher nicht, meine Liebe, die Menschen rissen sich um meine Übertragungen. War nicht sogar Japanisch dabei? Dabei spreche ich kein Wort Japanisch. Aber wenn man will, kann man alles. Nicht wahr?“ Der grellgelbe Vogel schlug Basil auf die Schulter. „Die einen können alles, die anderen nichts. Ist doch so? Oder? Und ich kann alles. Apropos alles können: Wie finden Sie den Schnabel meiner Frau? Die Färbung? Passend zu Augenfarbe und Gefieder? Auch von mir. Schminken will gelernt sein. Nun, Sie wissen: Einmal Theater, immer Theater, und da muss man alles beherrschen, von der Garderobe bis zur Regie. Und ich beherrsche bis heute alles.“

     Die Prinzessin rollte mit den Augen, achtete aber darauf, dass nur Basil dies sehen konnte.

     „Natürlich habe ich meine Frau geschminkt, kurz bevor wir vor den Traualtar getreten sind. An meine Frau lasse ich keine zweitklassige Visagistin, keine abgehalfterte Theatermuse, die ihr Gnadenbrot als Maskenbildnerin fristet. Nein, da ist mir meine Frau mehr wert: Nur das Beste, nur das Großartigste, nur ich darf meine Frau schminken. Und die Kleidung, die Wahl der Federn, die Färbung? Natürlich von mir persönlich ausgesucht …“

     „Ihr Mann ist großartig“, wandte sich Basil an die feine Kanariendame. „Von ausgesuchtem Benehmen, Haltung und Sitte. Ihr Mann weiß, was sich gehört.“

     Die feine Kanariendame lächelte gnädig.

     „Das Beste, nur das Beste“, nickte und flüsterte der fette gel-be Vogel, wie um sich zu bestätigen.

     „Eine Frage gestatten Sie mir“, sprach Basil den aufge-plusterten Vogel an. „Wie kommt es, dass ein Kanarienvogel Finanzminister wird und nicht eine Elster oder ein Rabe?“

     „Nun, danke, dass Sie sich für mich und das Vogelreich interessieren und mir gestatten, die Frage zu beantworten.  Dass ich Finanzminister, der jüngste, der je dem Vogelreich vorstand, wurde, liegt natürlich daran, dass ich bei den Men-schen BWL studiert habe, dass ich nun weiß, wie man Geld anlegt, wie man es vermehrt, wie man aus wenig mehr macht, wie Wirtschaftsbereiche, die wenig Profit abwerfen, abge-stoßen werden, dass Mitarbeiter entlassen werden oder Ge-haltskürzungen in Kauf nehmen müssen, wie die gesamte Vogelwelt zu einem wirtschaftlich profitablen Unternehmen umstrukturiert wird. Dinge, an die unsere Vorfahren nicht dachten.

     Führen Sie sich nur die alte Vogelwelt vor Augen, wie sie noch vor einer Generation existierte. Jeder Vogel machte das, was er gerne tat. Der eine baute Nester, nur weil er es gut konnte, verließ sie nach einer Brutzeit, baute zur nächsten einen neuen Horst. Die alte Wohnstätte wurde von Vögeln übernommen, die kein Geschick im Bau von Nestern besaßen. Andere Vögel wiederum fanden Gefallen an der Jagd und erbeuteten mehr Fische, als sie verzehren konnten, sodass sie anderen von ihrer Beute abgaben.

     So kam es, dass Vögel untereinander spezielle Fähigkeiten anboten: Der Nestbauer baute Nester und erhielt im Gegenzug frische Fische, die Jäger von Mäusen und Hamstern gaben Teile ihrer Beute ab und erhielten farbige Federn, mit denen sie sich schmückten. Es gibt Vögel, die warnen vor nahenden Ge-fahren, Vögel, die legen Eier, die von anderen ausgebrütet wer-den, bringen denen aber Würmer und Nahrung, damit sie sich nicht aus dem Nest erheben müssen.“

     „Eine Hand wäscht die andere“, sagte Basil, verbesserte sich aber schnell: „Mit einem Flügel kann man nicht fliegen.“

     „Das System funktionierte“, fuhr der gelbe Vogel fort. „Jeder machte das, was er am besten konnte, war glücklich und zufrieden. Und das Beste: Die Gesellschaft war intakt, und da jeder das tat, was ihn ausfüllte und glücklich machte, gab es kaum Unzufriedenheit und Straftaten.“

     „Aber es hat sich etwas verändert?“, vermutete Basil.

     „Sie haben recht“, antwortete der Vogel, „das ganze System war mir zu langweilig, zu konservativ und irgendwie sozia-listisch. Wir Vögel wollen einen vernünftigen Staat und nicht das, was wir immer hatten, denn dann wären wir das, als was wir immer beschimpft wurden, dann hätten wir keinen Staat, dann wären wir Tiere.

     Hätten wir unseren alten Vogelstaat beibehalten, hätten wir heute kein Geld, keine Wirtschaft, keinen Mehrwert; es wäre unmöglich gewesen, Reichtümer anzuhäufen und zu Wohl-stand zu kommen. Ich sage immer: Arbeit muss sich lohnen, Müßiggang soll bestraft werden.

     Sie sehen, nicht alles, was von den Menschen kommt, muss schlecht sein.“

     „Und Sie führten dieses Wirtschaftssystem in der Vogelwelt ein?“

     Franz Glimmer strahlte von einer Seite seines Schnabels zur anderen. „Genau, ich, der jüngste Finanzminister, den das Vo-gelreich je hatte, habe in kürzester Zeit ein marktorientiertes Wirtschaftssystem eingerichtet. Fertig ist es noch nicht, da steht noch eine Menge Arbeit an, aber wir Vögel befinden uns auf dem richtigen Weg. Dieser Weg ist ein menschlicher.“

     „Und aus Protest gegen die Vermenschlichung gibt es Terrorakte durch Vögel, die Vögel bleiben wollen?“

     Der Finanzminister verzog den Schnabel. „Das ist sehr verkürzt gesehen. Wir übernehmen doch nicht alles, was die Menschen für gut befinden. Wir passen das Wirtschaftssystem den Bedürfnissen der Vögel an.“

     Basil schüttelte zweifelnd den Kopf, doch der Finanz-minister fuhr mit seinen Erläuterungen unbeirrt fort: „Vögel sind keine Menschen und Menschen keine Vögel. Was für den einen von Vorteil, kann dem anderen ein großer Nachteil sein. So sind Münzen und Geldscheine den Menschen ausgespro-chen nützlich; sie können in Taschen, in Kuverts, in Porte-monnaies gesteckt werden. Sie tragen nicht auf, können ohne Probleme transportiert werden, können versteckt werden, sind schnell zur Hand. Und geschwind eingesteckt. Für uns Vögel sind Münzen und Geldstücke nicht nutzbar – auch wenn einige unserer Vogelgenossen hin und wieder eine glitzernde Münze gestohlen haben sollen. Stellen Sie sich Vögel vor, die Geldscheine oder -stücke im Schnabel haben. Reden ist nicht möglich, Fliegen kaum, ein geselliges Leben unvorstellbar. Und dann: Wie soll man Handel treiben, wenn kein Wechselgeld vorhanden ist? Wie soll ein Verkäufer die ganzen Münzen zur Bank bringen, die er am Tag erwirtschaftet? Ein schwerwie-gendes Problem, wie Sie sehen. Münzen scheiden also aus.

     Ich musste ein Zahlungsmittel entwickeln, das uns weder beim Laufen noch beim Schwimmen oder Fliegen behindert, das wir überall vorlegen können, das überall akzeptiert wird. Und da habe ich mir etwas, wie es meine Art ist, Geniales einfallen lassen: Die Federn.“

     Franz Glimmer kniff selbstgefällig die Augen zusammen, grinste verschlagen, erntete von seiner feinen Kanariendame bewundernde Blicke, von der Prinzessin ein Nicken und von Basil ein Kopfschütteln.

     „Was soll daran so neu sein, wie soll man mit Federn, die doch jeder Vogel besitzt, ein ökonomisches System errichten? Diese Fragen stellen Sie sich zu Recht. Federn kennt man, Menschen benutzen sie als Kopfkissen, Vögel als Kleidung oder als Material, um ihr Nest zu bauen, aber als Zahlungsmittel? Schauen Sie hier“, der fette Vogel fischte eine Feder hervor, die er in seinem Gefieder versteckt hatte, „sie ist so klein, dass man selbst als Kaufmann etliche davon mit sich führen kann. Zwischen ihren natürlichen Federn können sie erstaunlich viele fremde Federn mit sich führen. Sie können sie auch als Schmuck nutzen, sich mit fremden Federn schmücken, sie können, haben Sie einmal mehr Federn zu zahlen, als sie Fremdfedern mit sich führen, ihre natürlichen als Reserve nutzen. Vögel sollten also nicht über ihre Verhältnisse leben, denn dann könnten sie eines Tages, nackt und federlos, nicht mehr fliegen und müssten laufen. Aber: Die Federn wachsen wieder nach. Gut, nicht?“

     Basil, der mit Geld nicht viel am Hut hatte, wusste nicht, was er sagen sollte. Das ganze Unternehmen kam ihm albern und überflüssig vor. Und ob es wirklich praktikabel war, bezweifelte er. Um überhaupt etwas zu sagen, meinte Basil: „Und wie sieht es mit dem Mehrwert aus? Müssen Steuern gezahlt werden?“

     „Aber sicher, mein junger Freund. Wie soll ein Staat sonst überleben? Häuser müssen errichtet, Straßen und Anflugbah-nen gebaut werden. Ohne Steuern kann doch kein Staat exis-tieren. Deshalb muss jedes Mitglied unseres Staates zum neuen Jahr unser Finanzamt aufsuchen und seine gesparten und natürlichen Federn vorlegen. Ein Viertel wird dem Vogelstaat überschrieben. Davon lebt unsere Gesellschaft.“

     „Und was geschieht, wenn Federn gestohlen oder ausgeris-sen werden? Können Federn nicht von jedem Dieb als eigene ausgegeben werden? Gibt es gar keine Legitimation?“

     „In unserer Gesellschaft gibt es keine Verbrechen“, antwor-tete der Finanzminister in dem Augenblick, in dem die Hölle ausbrach.

     Das Erste, an das sich Basil später erinnerte, war der Lärm, der von einem auf den anderen Moment einsetzte, das Schrei-en und das Splittern von Glas, das Brechen von Metall und Holz. Das Merkwürdigste aber war die Stille, in die sich Basil bei all dem Lärm zurückgezogen fühlte. Da war nichts, was ihn belastete, er sah die Vögel schreien, um Hilfe rufen, er sah den Lärm, den zerberstende Stühle und Tische erzeugten, er wuss-te, dass die aufgerissenen Schnäbel der Angreifer Befehle riefen und Flüche ausstießen. Hören aber konnte er den Lärm nicht.

     Doch dies war nur ein Augenblick, der den Bruchteil eines Wimpernschlages dauerte. Dann setzte auch für Basil der Lärm ein … und Bewegungen. Vögel sprangen auf, als zwei große Habichte aus der Höhe auf die kleine Terrasse stießen und, fast zeitgleich, ein Kolkrabe aus der geöffneten Schiebetür, die ins Innere des Cafés führte, sprang und mit seinen starken Flügeln Vogeldamen, Stühle und Tische umstieß und wie eine Kano-nenkugel auf Marcia und Basil zustürzte. Gläser und Schalen zersprangen auf dem harten Boden. Die Wellen kräuselten sich weiß auf dem Blau des Meeres, der Himmel schien unerbitt-lich, und der Kolkrabe kam immer näher.

     Basil sprang auf, stolperte und versuchte, sein Gleichge-wicht zu finden. Er griff nach einem Stuhl und schleuderte ihn – weit ausholend – dem vorwärts stürmenden Raben entgegen, den er am Flügelansatz traf. Der Kolkrabe taumelte, verlang-samte sein Tempo nur unmerklich, schüttelte den Kopf und visierte die Prinzessin an, die vor Schreck unbeweglich auf ihrem Stuhl saß. Basil, keinen Augenblick zu früh, warf sich zwischen Kolkraben und Marcia. Alle drei stürzten zu Boden. Die beiden angreifenden Habichte krächzten etwas, das Basil nicht verstehen konnte. Er sah aber, wie sie den überrum-pelten Gästen des Cafés Flügeltaschen, Halsbeutel und Federn vom Leibe rissen und mit weit ausgebreiteten Schwingen in den blauen Himmel aufstiegen.

     Der Kolkrabe, ein Riese und an Kraft der Prinzessin weit überlegen, packte sie im Nacken und versuchte, sie mit sich zu zerren, doch Basil, kaum Herr seiner Sinne, schlug mit einer Karaffe nach dem Vogel, verfehlte zwar den Kopf, traf aber den Flügel empfindlich. Der Vogel schrie vor Schmerzen auf, schüttelte sich, plusterte sein Gefieder auf, starrte Basil hass-erfüllt an, griff behände nach der teuren Tasche der Prinzessen und entschwand wie seine beiden Mitverschwörer im blauen Himmel.